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Februar 11, 2024
AD(H)S

Tinguely – der ADHS-ler

Skizze von Tinguely

Tinguely – ein ADHS-ler und grosser Künstler

Kürzlich machten wir einen Ausflug nach Basel ins Jean-Tinguely-Museum, und nicht wie üblicherweise in die Fondation Beyeler nach Riehen, wie sich meine Schwiegermutter immer wünscht. Es war mein Vorschlag, um sie zu einer anderen Welt hinzuführen. Krasser hätte der Gegensatz nicht sein können. Das wunderschön gelegene Museum im Park in Riehen ist eine Idylle von Ruhe im Gegensatz zum Tinguely-Museum, das verstörend und laut ist. Jean-Tinguely, der spielerische Schweizer Künstler war mit ziemlicher Sicherheit ein ADHS-Betroffener. Er hatte eine schwierige Kindheit und Jugend. Die Schule schwänzte er oft und ging lieber in den nahen Wald, wo er an Bächen bewegliche Holzkonstruktionen bastelte, die Lärm machten.

Der Lehrabbruch

Er wuchs in einfachen Verhältnissen im Gundeli-Quartier in Basel auf. Die Familie hatte mit der Integration zu kämpfen, auch weil sie katholisch und Welsche waren. In der katholischen Pfadi fand er eine Heimat, die ihm guttat, sicher auch weil er seinen Bewegungsdrang ausleben konnte. Auch der Beruf Schaufensterdekorateur war ein passende Berufswahl. Allerdings hatte er mit seinem ersten Lehrmeister, Globus Basel, Pech. Er konnte sich nicht einfügen. Der Lehrmeister schrieb damals den Eltern einen Drohbrief, worin er den Lehrabbruch ankündigte: «…der junge Mann macht ständig Dummheiten, er beschädigt Dekorationsmaterial fahrlässig und sogar absichtlich…». Zum Glück fand er später einen verständnisvollen Lehrmeister mit Joos Hutter, bei dem er die Lehre erfolgreich abschliessen konnte. Dieser empfahl ihm die Kunstgewerbeschule.

Der politische Tinguely

Sein schwieriges Leben machte ihn politisch. Er trat der kommunistischen Partei bei, ohne jedoch einer Hörigkeit zu verfallen. Ihm gefiel der Gedanke, dass persönliche Freiheit und Verantwortung höher zu setzen seien als jede Parteidoktrin. In diesem Umfeld entwickelte er sein Denken und Handeln: „Sicher baue ich keine rationell funktionierenden Automaten des 18. Jahrhunderts. Ich baue in sich freie Maschinen, die ihre eigene anarchistische Freiheit, ihr eigens Chaos, ihre Unordnung und Ordnung haben und auf ihre eigene Weise ihren Zufall erzeugen.“

ADHS-Betroffene kommen über Umwege zum Erfolg

Nicht nur Tinguely ist ein Beispiel eines erfolgreichen Querkopfs. Davon gibt es nämlich unzählige. Die Kehrseite ist das oft damit verbundene Leid in der Jugend. Tinguely hatte das Glück ähnlich denkende und fühlende Menschen zu finden, die ihn in seiner Eigenart nicht nur akzeptierten, sondern auch förderten. Wichtig ist auch immer, dass man sich nicht runterkriegen lässt. ADHS-Kinder benötigen positive Vorbilder.