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ADHS und Beruf

Ungenügende Filterung von Reizen

Menschen mit einer ADHS-Diagnose haben grosse Mühe mit der Filterung von Reizen, weil eine Stoffwechselstörung im Gehirn vorliegt, was ihnen in sehr vielen Lebenslagen Probleme bereitet. Vor allem betroffen sind das Lernen und Arbeiten in fixen Strukturen, die Planung und das Organisieren sowie die Impulskontrolle. In der Schule fallen Zappelphilipps vor allem als Träumerinnen und Störer auf, was sie häufig zu Mobbingopfern macht. Man schätzt, dass weltweit circa 5% aller Kinder von einer AD(H)-Störung betroffen sind. Bei Erwachsenen zeigen sich die Symptome immerhin noch bei 2.5%, was nicht heisst, dass diese davon völlig befreit wären. Ihre äussere motorische Unruhe verliert sich vielleicht, doch innerlich ist sie noch da, was zu Stress und diversen weiteren sogenannten Komorbitäten führen kann (z. Bsp. Schlafstörungen, Sucht- und Angststörungen, etc.).

Therapie und Medikamente helfen

Die hyperaktiven Schulkinder bieten immer wieder Gesprächsstoff bei Eltern und bei Lehrkräften. In früheren Zeiten hat man sie weniger diagnostiziert und behandelt. Die Fortschritte in der Medizin und bei Therapieangeboten führten zu mehr medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungen. Vor allem die Abgabe von Medikamenten löst immer wieder mal heftige Debatten in den Medien aus. Tatsächlich stellt sich bei den Behandelten meist eine Verbesserungen der Lebensqualität ein. Die Konzentration und die emotionale Kontrolle werden damit deutlich verbessert, was sowohl eine Erleichterung für die Betroffenen selbst als auch für ihr Umfeld bedeutet. Zunehmend wird zum Glück die ADHS-Problematik auch bei Erwachsen im Arbeitsleben erkannt und behandelt. Es ist sicher auch der hochreglementierten westlichen Gesellschaft geschuldet, dass diese Gruppe von Menschen heute mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Andere Sichtweisen führen zu Innovationen

Weil sie Dinge und soziale Situationen viel sensibler und differenzierter wahrnehmen können, kommt es regelmässig zu Missverständnissen mit Vorgesetzten oder mit Kolleginnen und Kollegen die neurotypisch (also normal) ticken. Das kann eine Chance für ein Unternehmen sein, weil die Stärke von ADHS-Betroffenen – ihre hohe Kreativität – ein Team enorm bereichern kann.

Die positiven Seiten der ADHS-ler im beruflichen Umfeld

Heinz Lachenmeier, Schweizer Psychiater und selbst Betroffener, weist in einem Beitrag von SRF (4.06.2022) darauf hin, dass Menschen mit ADHS «…in Bereichen, in denen sie sich gut auskennen, meist viel schneller Zusammenhänge erkennen und treffende Entscheidungen fällen können als gleich intelligente Menschen ohne ADHS» … «generell funktionieren ADHS-ler in Ausnahmesituationen deutlich besser als der Durchschnitt. Zudem ist die Hilfsbereitschaft meist erhöht. Insgesamt sind Kreativität, Erfindergeist und innovatives Verhalten bei Menschen mit ADHS im Vergleich zu gleich intelligenten Menschen ohne ADHS erheblich ausgeprägter.»

In kreativen und freien Berufen entfaltet sich ihr Talent

Grundsätzlich gilt, dass ADHS-ler jeden Beruf ausüben können. Doch sie sind meist erfolgreicher in kreativen Berufsfeldern und Kontaktberufen, die viel Spielraum in der Gestaltung der Arbeit zulassen. Dabei schätzen sie einen klaren Auftrag. Typische Eigenschaften von ihnen sind: Mut, Kreativität, Ehrlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Sinn fürs Aussergewöhnliche. ADHS-ler lieben ständig neue Herausforderungen und Ortsveränderungen und sind sehr schlecht «an der Leine zu führen». Sie lieben Abwechslung, Überraschung, hektischen Betrieb und auch Gefahr. Gefahr löst bei ihnen einen Dopamin-Schub aus, der sie beflügelt, denn ihr Gehirn produziert davon zu wenig. Leider ist auch ihr Suchtpotenzial höher als beim Durchschnitt der Menschen, was sie für gewisse Berufe ungeeignet macht. Ihr Drang zur «Wahrheit» und der Kampf für Fairness kann das Umfeld auch sehr nerven.

Typische Berufe: Schauspieler, Moderatorin, Trainer, Quizmaster, Unternehmerin, Hoteliers, Politiker, Rettungssanitäterin, Journalist, Notfallarzt, Anwalt, Montagearbeiter, Bauhandwerker, etc.

Was muss beachtet werden bei ADS-lern (ohne Hyperaktivität)

Es gilt im Wesentlichen das Gleiche wie für ADHS-Betroffene, weil beide Abwechslung benötigen. Auch sie haben wegen ihrer hohen Reizsensibilität einen guten Draht zum künstlerischen und gestalterischen Ausdruck, allerdings eher zum stillen Handwerk, weil sie eher in sich gekehrt sind und gerne träumen. Sie können gut auf Menschen eingehen, ohne über sie bestimmen zu wollen. Typische Berufe können sein:  Garten- und Landschaftsbauer, Bildhauerin, Kunstmaler, Musikerin, Kunsthandwerkerin, Buchhändler, Antiquar, «Ruhiges» Handwerk ohne Stress: Bauer, Tierpflegerin, Bergführer, Forstwart, Fischer, Coach, aber auch die ruhigen sozial-medizinische Berufe wie: Ergotherapeut, Kleinklassenlehrerin, Sozialpädagoge, etc..