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März 17, 2024
AD(H)S

Ich pass da nicht rein…

Ich pass da nicht rein…

Als noch der Hahn und die Sonne uns weckten, folgten wir einem natürlichen Zeitrhythmus. Da war nicht immer so exakt zu planen, denn Hähne krähen manchmal erst später oder die Sonne zeigt sich gar nicht, weil sie sich hinter eine dicken Wolke versteckt.

Erst im 19. Jahrhundert wurde die exakte Zeitmessung eingeführt, im Zuge der Industrialisierung. Maschine, Verkehr und Mensch mussten aufeinander kalibriert werden. Denn Maschinen verlangten pausenloses Überwachen und Manipulieren, und hierfür brauchte es verlässliche und pflichtbewusste Maschinenarbeiter, die jegliche persönliche Bedürfnisse unterbinden mussten. Charly Chaplin stellt diesen massiven Bruch in der Gesellschaft mit seinem Filmklassiker: «modern times» eindrücklich dar. Inzwischen hat sich der Normierungswahn nicht etwa abgeschwächt, sondern weiter gesteigert. Wer dazu gehören will, muss passen.

AD(H)S Betroffene ticken anders

Menschen haben je nach Charakter, sozio-kulturellem Hintergrund und Fähigkeiten unterschiedlich stark Mühe mit der Einhaltung von Normen. AD(H)S-Betroffene gehören auf jedem Fall zu dieser Gruppe. Und so ecken sie deutlich mehr an als der Durchschnitt, obwohl sie sich Mühe geben. Noch so ausgefeilte Erziehungsmass-nahmen, können sie nie zu «ordentlichen» Menschen machen. Sie ticken anders und verhalten sich in den Augen ihrer normativen Mitmenschen eigenartig. Oft unterstellt man ihnen sogar, dass sie es mit Absicht tun. Das Tragische dabei ist, dass in ihrem tiefsten Inneren eigentlich normal sein möchten. Und weil das oft nicht gelingt, kommt es in vielen Fällen zu psychischen Folgeerkrankungen. Der Aufbau eines gesunden Selbstvertrauens ist weit schwieriger.

Ein verlässliches und liebevolles Umfeld hilft

Das Wichtigste ist wohl, dass die Eltern und direkte Bezugspersonen nie aufhören, an sie zu glauben. Vor allem gilt es, sie in ihrer Art zu akzeptieren und zu lieben. So entwickelt sich Urvertrauen. Wir wissen heute, dass es sehr viele Menschen mit AD(H)S-Symptomatik gibt, die äusserst erfolgreich sein können, eben genau deshalb, weil sie diese Persönlichkeit mitbringen. Im Vergleich zu den «Normalen» mussten sie weit mehr Schwierigkeiten überwinden und lernten so. Und bei guter Resilienz können sie zur Hochform auflaufen.

Wichtige Supporter sind gute Ärzte und Therapeuten, primär aber eine Familie, die mit ihrem Kind durch Dick und Dünn gehen, aber auch klare Grenzen setzen und immer ein verlässliches warmes Zuhause bieten.