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Zeitumstellung und AD(H)S

1977 wurde die Zeitumstellung in Europa erstmals eingeführt. Die Schweiz musste sich anpassen, um in den gleichen Takt mit ihren Nachbarländern zu kommen. Doch es gab Widerstand; es kam zu einem Referendum, die von vier Bauern angestossen wurde. Ich konnte damals zum ersten Mal abstimmen, und auch ich sagte Nein zur Umstellung. Leider nützte es nichts wie wir wissen. Ich habe mir keine Zeitumstellung gewünscht, denn ich hatte immer schon Mühe, mich auf einen neuen Zeit-Rhythmus umzustellen. Die Argumente der Bauern, dass ihre Kühe keine Maschinen seien und ihren Milchfluss nicht einfach so steuern können, waren für mich logisch. Inzwischen wissen wir, dass es unserer Gesundheit auch nicht wirklich guttut. Unser Biorhythmus kommt durcheinander.

Für Menschen mit AD(H)S-Diagnosen ist die Zeitumstellung noch schwieriger. Neuere Forschungen zeigen, dass nicht nur das Zeitempfinden deutlich anders ist als die von normal tickenden Menschen (den Neurodiversen), sondern auch ihre Aufmerksamkeitspanne, die sehr sensibel auf Jahreszeiten reagiert. Während den Sonnenmonaten ist sie deutlich besser. Grad für Schulkinder mit AD(H)S-Diagnosen sind die Wintermonate und frühes Aufstehen eine enorme Herausforderung. Wie wir wissen, wächst sich AD(H)S auch als Erwachsener nicht aus. Vor allem die Einführung der Sommerzeit macht «uns» allen zu schaffen.

Der Entscheid europaweit die Sommerzeit einzuführen, wurde damals mit Strom-sparmassnahmen begründet. Heute wissen wir, dass wir das nie konnten. Im Gegenteil, es führte zu einer längeren Wachzeit, aber vor allem zu längerer Konsumzeit und damit zu mehr Energieverbrauch. Und dann ist da auch noch, dass in uns tief verankerte christliche Arbeitsethos, zu nennen, was uns steuert. Wir verdanken es den Benediktiner-Mönchen, die den Spruch «ora et labora» in unsere Welt setzten. Später verschärfte sich das noch mehr mit der Reformation (Calvin und Zwingli). Dann wurde der arbeitende Mensch mit einem betenden gleichgestellt. Ein länger wacher Mensch, der irgendwas tut, wird höher geachtet als ein Ausschläfer. Ein ordentliche:r Bürger:in steht früh auf, öffnet die Fenster und Läden und zeigt nach aussen: ich bin wach! Und er ist vor allem beschäftigt, sei das mit Wischen vor der Türe oder mit Laubbläsern.

Ich wünsche mir die natürliche Zeit wieder zurück.

Erholung am Meer in Ruhe