Die Einschulung eines ADHS Schülers
Seit der 1. Primarschulklasse ist mir bewusst, dass ich irgendwie anders bin. Meine Lehrerin kam schon in der zweiten Einschulungswoche völlig verzweifelt zu uns nach Hause und klagte ihr Leid meieer Mutter. Ich lag dabei unter dem Sofa auf dem staubigen Stubenboden und hörte mit. Ich schämte mich, wusste aber nicht warum. Sie war es, die mich dann auch nach der 4. Flötenstunde wieder heimschickte. Sie versuchte meine verkrampten Finger grade zu biegen. Es gelang ihr nicht. Fortan durfte ich nur noch die Triangel spielen. Als die Lehrerin in der Deutschstunde in der Vorweihnachtszeit uns Schüler fragte, wo überall Schnee läge, streckten meine Mitschüler alle brav auf. Nur ich war extem ungeduldig und meinte dann lauthals überall läge Schnee. Ich war ein Unruhestifter! Das blieb ich.
Doch ich hatte auch positve Seiten. Ich war mutig. Im Turnunterricht sprang ich als einziger von der obersten Sprossenwand-Holme mit Salto ins Fangtuch. Niemand sonst wagte das. In der 4. Klasse zeichnete ich politische Cartoons. Doch das passte irgendwie nicht in den Unterricht. Es gab damals noch keine ärztliche Diagnose für uns Zappelphillips. Ich war und blieb ein schlechter Schüler, der die Lehrerinen immer wieder herausfordern musste. Es war mir echt oft langweilig. Ich träumte vom Fliegen zum Mars und bastelte mit Schwarzpulver gefährliche Raketen.
Ich überlebte alles. Erst spät schaffte ich es dann doch, irgendwie einen Platz in Gesellschaft zu finden, nach 1000 km Hürdenlauf. Ich begann mit 28 Psychologie zu studieren. An meiner Intelligenz habe ich eigentlich nie gezweifelt. Es lief dann auch wirklich gut. Ich hatte alles nur gute Noten. Doch es blieben lange Zweifel, ob ich vielleicht ein Experiment für die andern bin. Ich schaffte es ohne Medikamente, wünschte mir im Nachhinein aber, dass es diese damals für mich gegeben hätte. Ich beginne nun mit 65 als selbstständiger Berufs- und Laufbahnberater zu arbeiten und werde mich auf ADHS-Betroffene spezialisieren.
