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Mai 20, 2023
AD(H)S

ADHS-ler im edlen Restaurant

AD(H)S-ler im edlen Restaurant

Menschen, die mich kennen wissen, dass ich ein ADHS-ler bin, also mit gewissen typischen Schwierigkeiten im Leben zu kämpfen habe. Geht ihr auch gerne ab und zu in ein feines Restaurant essen? Ich mache das zwischendurch sehr gerne, auch wenn ich am Schluss des schönen kulinarischen Rituals in einem feinen, geschlossenen Ledermäppchen eine horrende Rechnung präsentiert bekomme, und ich wohl ebenso kreidebleich wie die weisse Rechnung werde.

Ich kann mir das Gesagte einfach nicht merken…

Am Eingang wird man von der Empfangsdame sehr freundlich empfangen und gleich nach dem Namen gefragt. «Wen darf ich empfangen?». Wir haben natürlich schon lange im Voraus reservieren müssen, wie sich das in guten Restaurants so gehört. Nach der Begleitung zum schön gedeckten Tisch im Eck mit Überblick oder schöner Aussicht, kommt dann schon bald die Bedienung und grüsst uns nochmals ganz herzlich. Sie bringt die Menükarte und fängt dann sogleich ihren gut auswendig gelernten Text vorzutragen, was die Küche alles bieten kann: «Als hors-d’œuvre gibt es heute zweifarbige Cherrytomaten mit weissem Balsamico, Olivenöl, eingelegten Nektarinen und Stracciatella di Burrata. Und zum Hauptgang gibt es zwei Wahlmöglichkeiten: Entweder frischen weissen Spargel mit Lachs, Kokosnuss, Zitrus und Dill oder Rebhuhnbrust mit Kalbsherzbries im Brotmantel auf Grünkohl á la Crème und Hagebuttenkompott. Und zum Nachtisch (…).» Spätestens ab dann wird mir klar, dass ich ein gravierendes Problem habe: Ich kann mir all das Gesagte einfach nicht merken. Es ist für mich einfach viel zu viel! Viel lieber wäre für mich eine einfache Karte wie ich sie bei MacDonald mit Bild sehen könnte. Doch die Kost von MacDonald mag ich eben nicht. Ich mag nur gutes und feines Essen mit auserlesenen Speisen. Und so tue ich mir immer schwer der Bedienung direkt zu sagen, sie solle mir einfach die Karte in schriftlicher Form präsentieren. Ich möchte sie ja nicht unterbrechen und so beleidigen. Meistens komme ich dann trotzdem klar, und ich kann in Ruhe die Speisekarte durchsehen.

Kleckern beim Essen

Und jedes Mal sage ich mir am weiss gedeckten Tisch: Heute gebe ich mir Mühe, ich möchte keinen einzigen Spritzer neben dem Teller sehen, auch nicht auf meinem Hemd oder meiner Hose! Es ist mir ehrlich und offen gesagt, noch nie gelungen. Ich verdeck dann jeweils ganz unbemerkt den Rotweinfleck neben dem Teller. Und kurz nachdem ich aufgestanden bin, entdeckt meine Liebste dann immer irgendwo noch weitere kleine Flecken an meinem Hemd.

Solche feine Essen sind immer sehr teuer, vor allem wenn man auch noch die Reinigungs-arbeit dazu zählen würde. Trotzdem, gut essen gehen bleibt auf meiner Favoritenliste